Samstag, 17. April 2010

Um 6 Stunden betrogen...

Endlich ist es soweit und ich bin in die Lage versetzt worden,  mal einen Blogeintrag zu schreiben, der sein Ethos auf über 22 Jahre Lebenserfahrung stützen kann. Dabei fällt es natürlich sofort viel leichter über die Dinge der vergangen Wochen zu berichten, wobei wieder viel gesungen, gereist und natürlich aus gegebenen Anlass auch gefeiert wurde. ;-)

Kommen wir zunächst zum Singen. Ich habe ja neulich schon mal davon berichtet, das Karaoke in China (genannt KTV) ganz groß geschrieben wird. Demzufolge war es natürlich auch für unseren dynamischen Chinesischlehrerinen keine Frage, dass wir sowas mal mit der Klasse machen müssen. Ich habe mir neulich auch sagen lassen, dass das keinesweges selbstverständlich ist, das man in der Klassengemeinschaft sooooo viel zusammen macht und da ist es sicherlich gut nachzuvollziehen, dass ich extrem froh darüber bin, mit so vielen tollen Menschen (der Großteil sind Indonesier, wobei auch Russen, Thailänder, Deutsche und Mexikaner vertreten sind) gemeinsam Chinesisch lernen zu dürfen. Kurzum: Ich liebe meine Klasse! Jedenfalls hatten wir demnach auch eine Menge Spaß, als es an das Singen von westlichen, vor allem aber chinesischen Liedern beim KTV ging, wo ich ebenso meine nicht vorhandenen musikalischen Fähigkeiten mit einbringen konnte.

Ein paar Tage später ist es dann aber auch schon wieder so weit gewesen und es ging ans reisen. Wie angekündigt, stand ein 4 Tagestrip in die Provinz Guangxi in die Nähe der "Kleinstadt" Guilin (ca. 700.000 EW) an. Untergekommen sind wir in dem "Dorf" Yangshuo (ca. 300.000 EW), welches im Grunde fast schon unangenehm touristisch ist, dies aber durch die bestechende Landschaft mehr als wettmacht. Der erste Eindruck, der beschert wurde, als wir nach 1,5 Stunden Flugzeit von Xiamen aus in Guilin angekommen sind, war der einer unsagbar sauberen Luft. Da ich mich seit meiner Ankunft in China eigentlich nur im "Inneren" von Großstädten aufgehalten habe, kam es ganz überraschend mal wieder den Duft von Wald, Blumen und mehr oder wenig unberührter  Natur wahrzunehmen. 

Nach der Landung am Flughafen von Guilin haben Novi, Timo und ich noch Ade getroffen, welche eine Freundin von Novi ist und in Shanghai studiert. Als dann sämliche Begrüßungsfloskeln ausgetauscht waren, haben wir uns ein Taxi geschnappt und es ging in Richtung Hotel. Das schöne war, dass unsere nicht alt zu bescheidene Unterkunft ein wenig aushalb von Yangshuo gelegen war und wir somit am Abend unserer Ankunft eine kleine Ralley über nicht ausgebaute Feldwege genießen durften. Umso mehr waren wir überrascht, welcher Luxus in unserem Hotel geboten wurde - man muss schon sagen, dass das für chinesische Verhältnisse etwas "over-the-top" gewesen ist. Beschwert haben wir uns allerdings nicht und haben uns in unseren geräumigen sauberen, klimatisierten Zimmern zur Ruhe gelegt, damit wir am nächsten Tag frisch und fröhlich die Gegend erkunden konnten.

So wurden am nächsten Morgen nach einem ausgiebigen Frühstück und gezielter Lonely Planet (DER China-Reiseführer) Lektüre erstmal Fahrräder ausgeliehen mit denen wir zunächst nach Yangshuo-Downtown aufgebrochen sind. Als wir uns dort dann ein wenig orientiert haben, sind die anderen drei zu meinem Leidwesen erstmal in einen unbändigen Shoppingwahn verfallen und haben mit dem Kauf diverse Fake-Kleidung erstmal wieder offentsichtlich die Kinderarbeit im Reich der Mitte gefördert. Da wir aber im Grunde nicht 800km geflogen sind um nur shoppen zu gehen, habe ich mich dann in ganz typischer RUF-Teamer Manier dazu gezwungen gesehen, ein gewisses Programm auf die Beine zu stellen. Also bin ich ein bisschen durch den Ort gefahren und konnte letztlich eine vetrauenswürdige Angestellte unseres Hotels ausfindig machen, welche uns angeboten hat die "Countryside" um Yangshuo zu zeigen. Wenige Minuten später haben wir uns also unsere Fahrräder geschnappt und sind in die "Wildnis" aufgebrochen. Auf dieser Radtour haben wir neben einer Bambusfloßfahrt und Live-Reisanbau inkl. Wasserbüffel auch mal die Gelegenheit bekommen, das echte China in Form von abgelegenen Dörfern und Siedlungen zu sehen wo im Vergleich zu den Städten noch alles sehr urtümlich abläuft. 

Fahrt auf dem Li River


Ade, Timo, Novi et mois im Zentrum von Yangshuo

Am darauffolgenden Tag war durch den vorangegangen Ausflug unsere Abenteuerlust dahingehend geweckt, dass wir eine richtige Backland-Tour angegangen sind. Mit einem Bus ging es in das Dorf Putao, welche jetzt aber ein richtiges Dorf gewesen ist und von da aus haben wir uns dann zwei Motorradtaxis genommen, welche uns in die Berge in die Ortschaft  Shitoucheng gebracht haben. Und was wir dort gesehen haben war jetzt garantiert unberührtes Landleben, denn hier verirren sich wirklich gar keine Touristen hin. Nach einer intensiven Verhandlung mit unseren Taxifahren, haben wir dann auch einen dafür gewinnen können, uns die Umgebung und vor allem die alte Stadtmauer von Shitoucheng zu Zeigen, was landschaftlich gesehen der bisherige Höhepunkt meines Chinaufenthalt werden sollte.

Richtig interessant ist es aber geworden, als wir von der Stadtmauer zurück in den Ort gewandert sind: Als wir wieder da waren, haben die Einheimschen versucht uns in ihrem Dorf festzusetzen und zwischen ihnen und unseren Motorradtaxifahren ist eine Lautstarke Diskussion entbrannt. Dabei ist uns dann schon ein wenig mulmig zu Mute geworden, wozu aber kein Anlass bestand, denn einer unserer Fahrer hat die Situation souverän gelöst indem er den Einheimschen einfach 2 Kuai (ca. 20 Cent) in die Hand gedrückt hat und dann war auch gut und wir konnten nach Putao zurückkehren. Hungrig wie wir waren haben wir das nächstebeste Restaurant aufgesucht und dort ist es geschehen. Wir konnten es uns einfach nicht nehmen lassen und haben genau das Klischee erfüllt, gegen das ich mich die ganze Zeit vehement gewehrt habe: Auf der Speisekarte stand "Gourou" und irgendwie hat dieses Gericht auch auf unsere Teller gefunden. Dazu muss man sagen, dass es nicht schlecht geschmeckt hat, aber leider ein wenig zäh war. Die Rede ist übringens von Hundefleisch! ;-)

Timo, Ade und Novi beim Verhandeln mit unseren Guides


Shitoucheng von der Stadtmauer aus


Mit unserem Führer vor der besagten Stadtmauer

So, nachdem nun die Thematik des Reisens abgefrühstückt ist, kommen wir zum Feiern, womit es direkt an dem Montag (12.04.) nach unserer Rückkehr aus Guilin losging. Ich bin natürlich nicht's ahnend zur Uni gegangen, wo ich zunächst mal zum Chinesisch-Diktat an die Tafel gebeten wurde, was auf Grund mangelnder Vorbereitung zur reinsten Bloßstellung ausgeartet ist. Meiner Lehrerin war dementsprechend auch sehr sauer, wobei ich aber mit einer Einladung zu meiner Geburstagsfeier gerade noch mal die Kurve bekommen habe. In der nächsten Unterrichtsstunde hat dann auch meine zweite Klassenlehrerin (Angela) eine kleine Überraschungsparty für Sylvia (eine Indonesierin, welche schon einen Tag davor Geburstag hatte) und mich organisiert. Und hier in China ist es auch nicht schlimm, das man seinen Geburtstag schon mal 2 Tage vorher "anfeiert", denn so ein Aberglaube, dass das Unglück bringe, existiert hier nicht. ;-) Jedenfalls hatten wir dann viel Spaß und Freude, denn es gab allerhand Knabberreien und auch eine leckere Sahnetorte, welche zu einer Hälfte gegessen und zu einer Hälfte in eine Tortenschlacht involviert wurde. Dann haben wir alle noch ein wenig getanzt und Faxen gemacht und dann war der Unterricht auch schon wieder vorbei. 

Meine gesamte Klasse bei der Überraschungsfeier im Unterricht


Angela und Ich eröffnen die Tortenschlacht

Was dann folgte war der Dienstag, womit das hohe Alter schon brohlich nahe kam. Nach einem gemeinsamen Abendessen sind die meisten meiner deutschen Freunde und ich ins "Paradise" gefahren, welches eine Bar ganz in der Nähe meiner Wohnung ist. Dort wurde dann noch ein wenig Billard gespielt, bis die gefürchtete Uhrzeit von 24.00Uhr erreicht wurde. Der erste Gedanke der mir dabei kam, war der, dass ich gerade betrogen wurde und wegen der Zeitverschiebung einfach mal 6 Stunden früher alt geworden als es üblich gewesen wäre. Dies war aber schnell vergessen, als der Barbesitzer für mich "Happy Birthday" gesungen hat, mir 3 Cocktails hingestellt hat und meinte ich müsse diese trinken, da sich das in China so gehört. Meinen Freunden wurde übermäßig viel Bier von ihm spendiert, was mich letztlich dazu veranlasst hat,  diesen netten Herren auch zu meiner Geburtstagsfeier am nächsten Abend einzuladen.

Und als es dann am Mittwoch endlich soweit war und gegen 20.00Uhr meine Geburstatgsfeier in unserer WG anlief war die Freude groß, als Fast meine gesamte Klasse samt Lehrerin, ein paar chinesische Freunde, sämtliche Deutschen Freunde und daneben auch Koreaner, Mexikaner, Russen und Thailänder vorbeigeschaut haben. Neben dem schönen Blick von unserem Balkon war ein weiteres Highlight die 6 Monate alte Tochter von Munya, die gerade mit ihrer Mama zu Besuch in Xiamen ist. Ansonsten wurde gelacht, getanzt und in diversen Sprachen gequatscht. Letztendlich sollen natürlich  auch nicht die Geschenke meines bisher internationalsten Geburtstag unerwähnt bleiben, welche von praktischen Dingen (von Deutschen u. Indonsiern) über lustige Sachen (von Chinesen) bis hin zu Getränken und Essen  (Thailänder) gereicht haben.

Ja, was will man sagen: manche Sachverhalte gelten unabhängig von Sprache und Kultur einfach weltweit! :-p


Romy mit Munya's Tochter Tadisa


Party im "Sky-Office"


Sarah und Bahar haben auch Spaß


Geburtstag internaciónal


Adeline, Ich und Yovita auf dem Balkon

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